Sidonie Adlersburg 1933 – 1943

Datum

Ein Schwarzes Roma-Kind – ermordet in Auschwitz-Birkenau

8. August 1933 wird vor der Dienstwohnung des Hausmeisters des Krankenhauses von Steyr ein Säugling gefunden. Daneben liegt ein Stück Papier mit der Aufschrift:

„Ich heiße Sidonie Adlersburg und bin geboren auf der Straße nach Altheim. Bitte um Eltern.“

Das sind die einzigen Informationen, die es zu dem Neugeborenen gibt. Das Mädchen wird der Volksgruppe der Sinti und Roma zugehörig identifiziert. Und es ist Schwarz.

Amelia Derflinger, die Frau des Schlossers, nimmt Sidonie in Pflege, weshalb ihr Ehemann ihr droht sie aus dem Haus zu jagen und sich scheiden zu lassen.

„Willst du, dass uns alle auslachen, sogar die eigenen Lehrbuben […] und du bringst mir die Plage auch noch heim.“

Von den Derflingers kommt Sidonie nun zur kommunistischen Familie Breirather, die sie als Pflegekind aufnehmen. Josefa und Hans Breirather pflegen Sidonie, die sie „Sidi“ nennen und erziehen sie zu einem liebevollen und anhänglichen Kind.

Schon früh wird sie rassistisch beleidigt und entwickelt Strategien dagegen, indem sie sich selbst Geschichten ausdenkt.

„Braun sei sie nur deshalb, weil sie sich so oft in der Sonne aufhalte.“

In der Schule glaubt eine Lehrerin, dass ihr Mangel an Konzentration und ihre Lernschwierigkeiten auf ihre Abstammung zurückzuführen sind. „Schon aus diesem Grund halte ich es für besser, wenn das Kind schon jetzt zur Mutter kommt, denn später wird sie sich noch schwerer in die Verhältnisse, in die sie wegen ihrer Abstammung doch einmal verwiesen wird, finden.“ Durch ihr Gutachten trägt sie indirekt die Mitverantwortung an Sidonies Tod.

Nach dem Anschluss Österreichs verfolgen die meisten Österreicher*innen die Politik der NSDAP. Fremdarbeiter*innen und Oppositionelle werden verfolgt. Im Haus der Familie Breirather zieht ein regimetreues Ehepaar aus dem Sudentenland ein, dass die Familie bespitzelt und Sidi rassistisch beschimpft.

Hans Breirather wird unterstellt, eine Widerstandgruppe bilden zu wollen und Josefa soll „staatsfeindliche Gräuelpropaganda“ verbreiten. Währenddessen sucht das Jugendamt nach der leiblichen Mutter von Sidonie und leitet eine Überstellung in die Wege. Die Amtsleiterin wappnet sich mit allerlei Gutachten über Sidi, um den Ort von einem „Sinti und Roma-Mädchen zu befreien.“

Am 10. März 1943 fährt die Fürsorgerin Frau Grimm mit Sidonie in das Lager Hopfgarten. Am Tag der Übergabe werden alle Sinti und Roma aus dem Lager Hopfgarten nach Auschwitz-Birkenau deportiert – nur wenige überleben.

Sidonie kommt im Lager Auschwitz-Birkenau an, bekommt die Nummer Z 6672 eintätowiert und stirbt vermutlich am 2. August 1943.

Nach dem Tod ihres Ziehbruders Manfred Breirather im Novemeber 1999 wird vom Gemeinderat von Sierning, gegen den Widerstand der FPÖ, beschlossen, den örtlichen Kindergarten nach Sidi zu benennen.

Am 23. September 2000 wird in Sierning-Letten der neue Gemeindekindergarten „Sidonie Adlersburg“ eingeweiht.

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