Meine Dienstreise in die Demokratische Republik Kongo

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Auf Einladung der in Belgien ansässigen zivilgesellschaftlichen Organisation „Empowering Women International“ reiste ich Ende Oktober in Begleitung meiner Assistentin Amina Nyirahirwa in die Demokratische Republik Kongo (DRK). Zuvor hatten wir Kontakte zu verschiedenen kongolesischen Persönlichkeiten geknüpft, um die Herausforderungen, vor denen die DRK steht, besser zu erfassen.

Unsere erste Begegnung führte uns mit dem Botschafter der Europäischen Union in Kinshasa, S.E. Jean-Marc Châtaigner, bei einem Mittagessen zusammen – wofür wir uns herzlich bedanken. Der Botschafter brachte seine Besorgnis über die nicht enden wollenden gewalttätigen Konflikte im Land zum Ausdruck, denen zu diesem Zeitpunkt bereits mehr als zwei Millionen Menschen zum Opfer gefallen waren. Gerade Frauen, die oft am stärksten unter dieser Geißel leiden, sind verschiedenen Formen geschlechtsspezifischer Gewalt ausgesetzt. Es wird geschätzt, dass eine Million Frauen, allein in der DRK, vergewaltigt wurden. Châtaigner betonte die Wichtigkeit der Beziehungen zwischen der Demokratischen Republik Kongo und der Europäischen Union, um mit deren Hilfe Stabilität und Gewaltfreiheit im Land herzustellen.

Die durchweg schwierige Situation der Frauen im Kongo wurde uns im anschließenden Gespräch mit Edouard Beigbeder, dem Vertreter von UNICEF in der DRK, noch einmal deutlich vor Augen geführt. Gerade im Bereich der Bildung sei nach wie vor eine eklatante Lücke zwischen den Geschlechtern zu erkennen, während die bisherigen Bemühungen der Regierung zwar vereinzelt Wirkung zeigen, jedoch bei weitem nicht ausreichen würden. Lobend erwähnte er die Zusicherung der kongolesischen Regierung, Grundschulausbildung für alle Kinder kostenlos zur Verfügung zu stellen. Bildung ist der geeignetste Hebel, um den Schutz von Kindern und ihre Entwicklung zu gewährleisten.

Unser drittes Treffen in wenigen Tagen fand mit der Ministerin für Gleichstellung, Familie und Kinder, Gisèle Ndaya statt, die uns eingeladen hatte, um über die geschlechtsspezifischen Herausforderungen in ihrem Heimatland zu sprechen. Die neue kongolesische Regierung möchte ein besonderes Augenmerk auf die nachhaltige und qualitative Bildung von Frauen jeder Herkunft und sozialer Schicht legen. Denn derzeit sind nur 7,2 Prozent der Entscheidungspositionen in Parlament und Regierung mit Frauen besetzt.

Auch in Bezug auf sexuelle Selbstbestimmung hat die neue kongolesische Regierung Großes vor. Gerade vor dem Hintergrund der bewaffneten Konflikte, soll der Schutz von Mädchen und Frauen vor sexuell basierter Gewalt gewährleistet und nachhaltig verhindert werden. Derzeit läuft deshalb in der DRK die Kampagne „Null Toleranz gegenüber sexueller Gewalt.“ Sie wurde von Félix Tshisekedi, dem Staatschef des Landes ins Leben gerufen, um die Bestimmungen des kongolesischen Gesetzes gegen sexuelle und geschlechtsbezogene Gewalt umzusetzen. Die Familienministerin sagte uns: „Wir wollen das Image unseres Landes ändern. DRK darf nicht mehr das ‚Land der Vergewaltigung‘ sein, wie es manchmal in der internationalen Presse steht.“

Um dieses Ziel zu erreichen, wurde eine Sonderbeauftragte einberufen, Chantal Molup, um den Präsidenten der Republik zu den Themen Jugend sowie Kampf gegen Gewalt an Frauen zu beraten. Mit ihr konnte ich auf meiner Reise ebenfalls ein Gespräch führte. Molup berichtete mir, dass am 25. November dieses Jahres ein Forum gegen Gewalt unter der Teilnahme vieler afrikanischer Staatsvertreter*innen in Kinshasa einberufen würde (das auch stattgefunden hat). Auch dabei war beispielsweise die ehemalige Präsidentin von Liberia und Friedens-Nobelpreisträgerin Ellen Johnson-Sirleaf. Ziel des Forums sei es, und war es, über das Problem der geschlechtsspezifischen Gewalt zu diskutieren und sich für eine Mentalitätsänderung der Männer in diesem Zusammenhang einzusetzen. Gewalt im Alltag wird bisher hingenommen. Diese Haltung wolle die Regierung wie auch große Teile der Zivilgesellschaft aktiv verändern, so Molup.

Ich begrüße diese Bestrebungen in höchstem Maße, denn Gewalt ist ein universelles Problem und jede Aktion, jede Position und jede Akzentsetzung für Gewaltfreiheit kann damit als Fortschritt auf universeller Ebene gewertet werden.

Zum Abschluss unserer Reise nahmen wir an einer internationalen Konferenz teil, die von der EWI (Empowering Women International) organisiert wurde. Der rege Austausch unter empathischen und inspirierenden Frauen hat mich ergriffen und begeistert und mir die Hoffnung gegeben, dass die großen Herausforderungen, welche die DRK in den nächsten Jahren bewältigen muss, von mutigen Frauen angegangen werden.

Um deren Status in der kongolesischen Gesellschaft zu verbessern, ist es unerlässlich, die Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern zu verringern. Hierfür ist die gezielte Umsetzung politischer Maßnahmen zur Förderung der Eingliederung von Frauen in die Gesellschaft unerlässlich. Gleichzeitig müssen Gewaltursachen untersucht und bekämpft werden. Machtausgleich ist auf männlicher Seite auch immer erst einmal Machtentzug. Diesem müssen (neue) Formen der Wertschätzung entgegengestellt werden. Marshall B. Rosenberg sagt: “Die Schönheit in einem Menschen zu sehen ist dann am nötigsten, wenn er auf eine Weise kommuniziert, die genau das am schwierigsten macht”.

Vielleicht lässt sich dies übersetzen, vielleicht muss die Schönheit in einem Land genau dann gesucht werden, wenn es auf eine Weise auftritt, die genau dies am schwierigsten macht.

Ich habe viel Schönes und viel Wertvolles in der DRK gesehen, gehört und erlebt. Das ist ein guter Anfang.

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