Schwarze Menschen, und Angehörige der Sinti*zze und Romn*ja, Menschen mit Behinderung und die Zeugen Jehovah: Die Vergessenen Opfer des Nationalsozialismus

Datum

Straßburg. Europa-Parlament. Dr. Pierrette Herzberger-Fofana auf der Eröffnung der Fotoausstellung „The Forgotten Victims of the Nazi Era“

(v.l.n.r.): Dr. Sergey Lagondinsky, Katrin Langensiepen, Dr. Pierrette Herzberger-Fofana und Romeo Franz auf der Ausstellungseröffnung „The Forgotten Victims of the Nazi Era“

Die Ausstellung mit dem Titel „Forgotten Victims of the Nazi Era“ (deutsch: „Vergessene Opfer des Nationalsozialismus“) wurde im Europäischen Parlament in Straßburg gestern unter Anwesenheit der EU-Kommissarin für Gleichstellung Helena Dalli feierlich eröffnet.

Diese einzigartige Foto-Ausstellung ist in gemeinsamer Arbeit der grünen EU Abgeordneten Romeo Franz, Katrin Langensiepen und Dr. Pierrette Herzberger-Fofana entstanden und soll Licht auf oft übersehene Opfergruppen des Nationalsozialismus werfen. Die Roll-Ups zeigen die Biografien verschiedener Personen mit Behinderung, Sinti*zze und Rom*nja und Schwarzen Menschen. All diese Menschen waren im Nationalsozialismus Verfolgung und Gewalt ausgesetzt; sie finden jedoch wenig Erwähnung in unserer Erinnerungskultur. Neben Abgeordneten wie Dr. Sergey Lagodinsky, Vorsitzender der Antisemitismus Working Group des Europäischen Parlament , und weiteren Interessierten  nahmen auch Angehörige der Communities an der Eröffnungsveranstaltung der Ausstellung in Straßburg teil.

Die Beiträge der Erlanger EU-Abgeordneten Dr. Pierrette Herzberger-Fofana konzentrieren sich insbesondere auf die Erfahrungen von Menschen afrikanischer Herkunft während der NS-Zeit – einer Gruppe, deren Leiden und Verfolgung bisher weniger bekannt und anerkannt ist.

Straßburg. Europa-Parlament. Dr. Pierrette Herzberger-Fofana auf der Eröffnung der Fotoausstellung „The Forgotten Victims of the Nazi Era“

Die von ihr initiiert und konzipierte Ausstellung „Black People, Victims of the Nazi Era (1933-1945)“ enthält Fotografien, Häftlingskarten, persönlichen Briefe und historische Dokumente. Die Ausstellung bietet damit eine ergreifende Darstellung des Lebens und des Schicksals Schwarzer Menschen unter der Naziherrschaft. Die Geschichten von Theodor Wonja Michael, Gert Schramm, Martha Ndumbe,  Dominique Amigou Mendy  und den weiteren Persönlichkeiten in der Ausstellung beleuchten die traurige Lebensrealität  geprägt von Rassismus, Diskriminierung und Ausgrenzung, mit der Schwarze Menschen in Nazi-Deutschland konfrontiert waren.

Menschen afrikanischer Herkunft, Afrodeutsche, die zur Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland lebten, wurden Opfer der Barbarei der Nazis. Sie wurden diskriminiert, verloren meist ihre Arbeit und die deutsche Staatsangehörigkeit wurde ihnen entzogen. Schlimmer noch waren sie zunehmend von Sterilisation, Inhaftierung und Ermordung bedroht. Im Rahmen des Euthanasieprogramms der Nazis wurden sie als Versuchskaninchen für medizinische Experimente missbraucht. Die direkte Konfrontation mit der Erinnerung an den Holocaust ruft das Ausmaß der Grausamkeiten des Nazi-Regimes in Erinnerung. Schicksale, wie das von Hilarius Gilges oder Raphaël Elizé, beweisen jedoch auch das mutige Engagement Schwarzer Menschen in der Widerstandsbewegung.

Jüd*innen, Sinti*zze und Rom*nja, Menschen, die mit Behinderung(en) leben, LGBTQIA*, Kommunist*innen und Sozialdemokrat*innen, Jesuiten und Priester, Zeug*innen Jehovas, sogenannte „Asoziale“, Kriegsdienstverweigerer, Widerstandskämpfer*innen und auch Schwarze Menschen oder Menschen afrikanischer Herkunft – Millionen Menschen wurden Opfer einer unvorstellbaren Form der Grausamkeit durch die Nationalsozialisten.

Das Europäische Parlament als Ort der Menschenrechte, Demokratie und Toleranz ist ein passender Ort zum Gedenken an die Opfer der Nazi Ära. Die Biografien erinnern daran, dass die Lehren aus der Zeit des Nationalsozialismus auch heute noch relevant sind und dass wir Diskriminierung, Rassismus und Vorurteile in all ihren Formen weiterhin bekämpfen müssen.

Die Fotoausstellung zielt darauf ab, das Bewusstsein für die vergessenen und unerzählten Geschichten einiger dieser Menschen zu schärfen und ihnen eine Stimme zu geben. Es ist wichtig, die Erinnerung an alle Opfer des Nationalsozialismus zu pflegen und sicherzustellen, dass ihre tragischen Schicksale nicht vergessen werden.

Wichtig ist hierbei, dass es nicht zu einer „Konkurrenz der Erinnerung“ kommt, denn jedes Leiden der Menschen, die durch die Nationalsozialisten zu Opfer wurden, ist menschliches Leiden. Nach neuestem Forschungsstand wird geschätzt, dass zwischen 2000-3000 Schwarze Menschen und Menschen afrikanischer Herkunft ihr Leben durch die Nürnberger „Rassegesetze“ verloren.

Je mehr wir über die Gräueltaten der Nazis berichten, je vollständiger wir verstehen, was die Nazi-Ideologie bewirkt hat, desto besser können wir uns weiterhin gemeinsam auf eine friedliche Zukunft vorbereiten. Und das ist angesichts des Wachstums rechtsextremer Parteien in vielen Teilen Europas und der Welt mehr als notwendig.

Im Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus dürfen wir niemanden zurücklassen, kein Schicksal übersehen, ohne Tränen zu vergießen. Es liegt in unserer gemeinsamen Verantwortung, uns an die Vergangenheit zu erinnern und aus ihr zu lernen.

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