Schwarze Menschen im Nationalsozialismus

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Das Thema Schwarze Menschen im Nationalsozialismus ist weitestgehend marginalisiert und von der gesellschaftlichen Mehrheit ausgeblendet. Seit einigen Jahren beschäftige ich mich schon mit der Thematik, da sie mir sehr nah am Herzen liegt und ein neues Zeitfenster in der Erinnerungskultur unserer Geschichte eröffnet. Ich forsche seit ca. 30 Jahren zu Biografien und Geschichten Schwarzer Menschen in Deutschland, denn bis heute ist die Geschichte der Diaspora Schwarzer Menschen ungenügend wahrgenommen.

Die weitgehend vergessene und unsichtbare Geschichte Schwarzer Menschen während des NS- Regimes weist eine große Komplexität auf: Die meisten Afrodeutschen, Afrikaner*innen und Schwarzen wurden zu dieser Zeit Opfer des Regimes. Sie unterfielen den „Nürnberger Rassengesetzen“, die 1935 verkündet wurden. Auch wenn es keine offizielle Verfolgung Schwarzer Menschen gab, und sie nicht die Zielscheibe des Terrorregimes waren, haben die Ausfuhrbestimmungen ihr Leben stark und meist negativ geprägt. Die meisten von ihnen durften keine Ausbildung absolvieren, wie zum Beispiel Gert Schramm. Sie verloren größtenteils ihre deutsche Staatsangehörigkeit und ihre Existenz, wie Theodor Michael.  Als Kind durften sie kein Mitglied in den verschiedenen Jugendorganisationen sein, so auch Hans-Jürgen Massaquoi. Ein Kind in der damaligen Zeit dürfte Ausschlüsse solcherart als Demütigung empfunden haben.

Wir müssen reflektieren und anerkennen, dass die Geschichten bzw. die Narrative Schwarzer Menschen in der Diaspora – sowohl in der Vergangenheit, als auch in der Gegenwart – sichtbar und hörbar gemacht werden müssen. Nur so erreichen wir aktualisierte Geschichtsbücher, können rassistische Denk- und Handlungsmuster aufbrechen und entsprechend die deutsche Vergangenheit aufarbeiten. Dies ist vor allem notwendig, um Bildungsprozesse zu dekolonialisieren und jeglichen Formen von Rassismus entgegen zu wirken.

Die Veranstaltung „WITNESSING THE INVISIBLE: DOKUMENTATION UND ERINNERUNG DER LEBENSWEGE SCHWARZER MENSCHEN IM NATIONALSOZIALISMUS“ Kampnagel, an der ich mit PROF. MAGUEYE KASSÉ UND AZZIZA B. MALANDA am 16.02.2021 teilgenommen habe, leistet insofern einen Beitrag zu einem fundierten Dialog und zu Information und Aufklärung im Sinne der proklamierten UN-Dekade für Menschen afrikanischer Herkunft (2015-2024).

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© Kampnagel

Bis heute finden die Schicksale Schwarzer Zeitzeug*innen des Nazi-Deutschlands keine Erwähnung in Schul- und Geschichtsbüchern. Deshalb bin ich dankbar, dass Kampnagel eine solche Veranstaltung organisiert hat und diese verborgenen Alltagsheld*innen damit ehrt. Es sind noch einige Überlebende unter uns, die Wissen vermitteln und von ihren Erfahrungen berichten können. Dafür braucht es engagierte Menschen, die sich entsprechenden Forschungen widmen und faktische wie auch virtuelle Orte der Sichtbarmachung schaffen.  An dieser Stelle muss ich sagen, dass es auch Menschen gab, vor allem Frauen, die in den 70/80er Jahren in diesen Bereichen auf eigene Initiative geforscht haben. Sie waren allerdings keine Akademikerinnen und sind in Vergessenheit geraten. Dies ist sehr zu bedauern, denn sie haben viel Material gesammelt und uns bereitgestellt. 

Ich bin sehr gespannt auf die Weiterentwicklung in Bereich der Forschung zu Schwarzen Menschen im Nationalsozialismus und freue mich auf weitere Recherchen und Forschungsarbeiten zu dem Thema. Ich bin zuversichtlich, dass unsere junge Generation einen wesentlichen Teil dazu beitragen kann. 

Hier können Sie die Aufzeichnung der Veranstaltung nachschauen.

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