Esther Bejarano (1924-2021): Eine Stimme verstummt

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Esther Bejarano, eine der letzten Überlebenden des Mädchenorchesters in Auschwitz, eine unermüdliche engagierte Zeit Zeugin und Kämpferin gegen jegliche Form des Antisemitismus, Rassismus und Rechtsextremismus ist für immer eingeschlafen. Trotzdem bleibt sie unter uns – in Herzen und Köpfen.

Ich habe Esther Bejarano zum ersten Mal persönlich kennengelernt, als sie im Rahmen der Internationalen Wochen gegen Rassismus 2013 von der Stadt Erlangen zur Kundgebung „Wir stehen auf — Laut gegen Nazis“ eingeladen wurde. Auf den ersten Anblick war kaum vorstellbar, dass diese kleine und betagte Dame gleich auf der Bühne stehen und: rappen würde. Doch genau das tat die damals schon 89-Jährige. Sie stand da, rappte, sang mit kraftvoller Stimme und zog jede und jeden in ihren Bann. „Respekt!“ dachte ich mir damals. Und: „Esther Bejarano, Du bist ein Vorbild für alle, die gegen diese Geißel, die man Rassismus, Antisemitismus und Rechtsextremismus nennt, aufstehen“.

Trotz ihres hohen Alters, trotz ihrer leidvollen Erfahrungen unter dem NS-Regime erkannte ich keine Spuren der Resignation oder Verbitterung in ihren Gesichts- und Wesenszügen. Vielmehr vermittelte sie Klarheit, Überzeugung und die Haltung, sich nicht aufhalten zu lassen. So richtete sie das Wort damals an die jungen Menschen und sagte

: „Wir wünschen uns, dass ihr Widerstand leistet wie damals die Widerstandskämpfer gegen den Hitlerfaschismus“ […]„Liebe Jungen, liebe Mädchen, ich glaube an euch“. Sie rief die Teilnehmer*innen der Kundgebung dazu auf den Neonazis „keinen Fußbreit dieser Stadt“  zu überlassen.

Esther Bejarano wurde 1924 in Saarlouis geboren. Im Jahr 1943 wurde sie mit anderen jüdischen Jugendlichen in das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert. Dort schloss sie sich, „um nicht zu Grunde zu gehen“, wie sie sagte, dem Mädchenorchester an, das im Auftrag der SS zusammengestellt wurde. Die Musik begleitete unter anderem Todeszüge zu den Gaskammern. Esther Bejanaro überlebte Auschwitz. Sie wurde dann nach Ravensbrück überführt. Während eines Todesmarsches im Jahr 1945 gelang ihr die Flucht, zu fliehen. Sie wanderte nach Palästina aus und kehrte 1960 mit ihrer Familie zurück nach Deutschland, wo sie sich ab den 1980er Jahren politisch engagierte, nicht zuletzt durch ihre Musik. Mit ihren beiden Kindern Edna und Joram gründete sie die Gruppe Coincidence. Seit 2009 stand sie regelmäßig mit der Kölner Hip-Hop-Band Microphone Mafia auf der Bühne.

Es war mir eine Ehre, ihr bei der damaligen Kundgebung in Erlangen zuzuhören und nach ihr auf der Bühne sprechen zu dürfen. Esther Bejanaro sagte:

„Das Bedeutendste und Kostbarste aus der deutschen Geschichte ist und bleibt der antifaschistische Widerstand“.

Ich möchte gerne in diesem Sinne erneut nach ihr sprechen und in ihrem Sinne sagen, dass das Bedeutendste und Kostbarste unserer Zeit ist, nicht wegzusehen, stattdessen aufmerksam, hellhörig und wach gegenüber jedem Rechtsruck zu bleiben.

Quelle

https://www.nordbayern.de/region/erlangen/laut-gegen-rechts-1.2761513

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