Afghanistan Quo vadis? Frauen und Mädchen als mutmaßliche Opfer der Taliban

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Die Übernahme der afghanischen Regierung durch die Taliban hat das Europäische Parlament dazu veranlasst, eine außerordentliche Sitzung des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (AFET) und des Ausschusses für Entwicklung (DEVE) einzuberufen. 

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Wir alle stehen noch unter dem Schock der Machtübernahme durch die Taliban. Wir befinden uns im Ausnahmezustand, und der Abzug der europäischen Truppen ist ein monumentales Scheitern, ein Desaster. Die derzeitige Situation ist eine Katastrophe, welche die Migrationspolitik der Europäischen Union in Bezug auf all diese geflüchtete Menschen in Frage stellen wird. In Afghanistan herrscht Angst und nach diesem Debakel müssen Lehren gezogen werden. 

Die Europäische Union muss sich mit all jenen solidarisch zeigen, die sich für die Förderung der Menschenrechte eingesetzt haben. Die afghanischen Frauen haben in der Tat zum Aufbau einer demokratischen Zivilgesellschaft beigetragen. Sie hofften auch, für die nächsten Generationen von Frauen, eine bessere Zukunft zu ermöglichen. 

Tatsächlich waren bis dato 27 % der 250 Sitze im afghanischen Parlament für Frauen reserviert. Im Bildungsbereich ist die Beteiligung von Frauen auf über 65 % gestiegen. Millionen von Mädchen konnten Schulen besuchen, Tausende von jungen Frauen eine Universität. Schätzungen zufolge sind inzwischen rund 22 % der afghanischen Arbeitskräfte weiblich, und in Politik, Justiz und Militär waren Frauen in Entscheidungspositionen vertreten. Mehr als 200 Frauen waren als Richterinnen tätig. Im April 2021 arbeiteten mehr als 4.000 Frauen in der Strafverfolgung. 

Man darf davon ausgehen, dass solche Errungenschaften der letzten 20 Jahre vom neuen Regime rückgängig gemacht werden, auch wenn die Taliban mit den Westen liebäugeln und 

gegenteilige Erklärungen abgeben. Hierbei dürfte es sich nur um Lippenbekenntnisse handeln wie bereits die Aussage dass „Frauen innerhalb der Grenzen der Scharia arbeiten können;“ vermuten lässt. 

Man darf „gespannt“ sein, wie die Auslegung der Scharia erfolgt wird. 

Was bedeutet das? Werden die Taliban Frauen in Entscheidungspositionen akzeptieren? Auch wenn die Taliban derzeit die westlichen Länder ins Visier nehmen, muss man sich vor ihrer künftigen Politik in Acht nehmen und misstrauisch sein. Die Bilder von Gewalt im Fernsehen lassen nichts Gutes erahnen. 

Das afghanische Volk, Männer, Frauen Mädchen und Kinder verdienen es, in Sicherheit und Würde zu leben. Daher sind alle Formen von Diskriminierungen, Missbrauch und Gewalt vehement zu verurteilen. 

Nach Berichten von Aktivist*innen wurden Frauen in Städten, die von den Taliban kontrolliert werden, von ihren Arbeitsplätzen und Universitäten verwiesen. Die Auspeitschungen von Frauen auf dem Lande wurden wieder aufgenommen. Das Gleiche gilt für die Zwangsehe, die in den von den Taliban eroberten Provinzen bereits begonnen hat. Frauen müssen nun von einem Mann begleitet werden, wenn sie das Haus verlassen. Es liegt auf der Hand, dass weitere tradierte Bräuche wie die Genitalverstümmelung (FGM) von Frauen und andere veraltete männliche Verhaltensweisen folgen werden. Afghanistan ist ein Land mit einer patriarchalischen Tradition. Die Taliban werden die Kontrolle, die sie über die Frauen ausüben können, nicht verlieren wollen, indem sie sie zwingen, ihre Bildung, ihre Kleidungsvorlieben und ihre Bewegungsfreiheit einzuschränken. Die Plakate für Damenmode sind bereits mit weißer Farbe übertüncht. 

Wie ist der Stand der Verhandlungen zwischen der Europäischen Union und den Nachbarländern Afghanistans im Hinblick darauf nicht nur diejenigen zu evakuieren, die mit unseren Mitgliedstaaten zusammengearbeitet haben, sondern auch Aktivist*innen, Entwicklungshelfer*innen und Menschenrechtsvertreter*innen, die sich für universelle Werte eingesetzt haben? Wir müssen in Betracht ziehen, all diese Menschen humanitäre Visa zu erteilen, damit sie auf die verschiedenen europäischen Länder verteilt werden können, für jene sie in Afghanistan gedient haben. 

Die Europäische Union muss dem afghanischen Volk, das unseren Schutz braucht, humanitäre Hilfe und Unterstützung zukommen lassen. Es müssen neue Kommunikationskanäle mit den Taliban gefunden werden, damit sie sich bereit erklären, die Rechte der Frauen zu respektieren. 

Afghanistan ist einer der Hauptempfänger europäischer Entwicklungshilfen. Was gedenkt die Europäische Union in diesem kritischen und dramatischen Moment zu tun, um sicherzustellen, dass die Menschenrechte, bei denen es sich um universelle Rechte handelt, nicht beeinträchtigt werden und dass die Sicherheit und die Würde des Volkes, insbesondere der afghanischen Frauen und Mädchen, durch das neue Regime gewährleistet werden? 

Dr. Pierrette Herzberger-Fofana, 

Mitglied des Europäischen Parlaments, MdEP 

Stell. Vorsitzende des Entwicklungsausschusses DEVE 

Mitglied desr Auswärtigen Angelegenheiten Ausschusses AFET 

Gemeinsame außerordentliche Sitzung des DEVE/AFET-Ausschusses zur Lage in Afghanistan 

Datum: 19.08.2021 Uhrzeit: 09:00-10:00 Uhr online Brüssel 

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