Das Europäische Parlament hat heute mit einer überwältigenden Mehrheit für die Ratifizierung des Istanbul-Übereinkommen zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauengestimmt. Das Übereinkommen ist eines der ersten Rechtsinstrumente, das verbindliche Normen speziell zum Schutz von Frauen vor Gewalt festlegt.
Die Abstimmung am Tag nach dem Europatag ist ein starkes Signal, das die Europaabgeordneten an ihre Wähler*innen senden. Der gestrigen Abstimmung ging eine hitzige Debatte voraus, bei der die rechtsextremen Parteien nicht zögerten, ihr Gift zu versprühen und dabei auch vor rassistischen Äußerungen nicht zurückschreckten. Die Europäische Union hat den Vertrag, den sie 2011 nach Einwänden einiger Mitgliedstaaten unterzeichnet hatte, bislang nicht ratifiziert. Auch auf der Ebene der Mitgliedsstaaten haben bis heute sechs Länder das Übereinkommen nicht ratifiziert. Diese Länder sind: Bulgarien, Ungarn, Lettland, Litauen, die Slowakei und die Tschechische Republik. Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs von 2021, das besagt, dass die Union den Vertrag ohne die Zustimmung aller Mitglieder annehmen kann, ist die Ratifizierung nun dennoch möglich. Für die Zustimmung der Abgeordneten war eine qualifizierte Mehrheit erforderlich.
Die Abgeordneten stimmten am Mittwoch ab in zwei getrennten Abstimmungen ab:
– Im Bereich der Verpflichtungen der Organe und der öffentlichen Verwaltung der Europäischen Union mit 472 Ja-Stimmen, 62 Nein-Stimmen und 73 Enthaltungen.
– In den Bereichen der juritischen Zusammenarbeit in Strafsachen und Asyl mit 464 Ja-Stimmen, 81 Nein-Stimmen und 45 Enthaltungen.
Diese Abstimmung ist ein historisches Ereignis und wird in die Geschichte des Europäischen Parlaments eingehen.
Gewalt gegen Frauen ist eine universelle Geißel, von der Frauen unabhängig von ihrem kulturellen Hintergrund, ihrer Religion oder ihrem sozialen Status betroffen sind. Diese Gewalt nimmt unterschiedliche Formen an: Eine von drei Frauen in Europa erfährt Gewalt durch ihren Partner, Ehemann, Bruder etc.. Auch die Arten der sexualisierten und geschlechtsspezifischen Gewalt sind vielfältig und reichen von psychischer Gewalt und Zwangsheirat, über sexuelle Belästigung bis hin zu Vergewaltigung, Genitalbeschneidung und nicht zuletzt den Femiziden (Frauenmorden), die weltweit überwiegend durch einen (ehemaligen) intimen Partner oder Ehepartner begangen werden.
Mit dem Beitritt zur Istanbul-Konvention verpflichtet sich die Europäische Union die Grundrechte aller Frauen zu schützen, auch derjenigen, die in einer marginalisierten Position in unserer Gesellschaft stehen. Unser gemeinsames Ziel muss es sein eine “Null- Toleranz-Grenze“ gegenüber Gewalt an Frauen zu erreichen.