Der Internationale Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen in schwierigen Zeiten
Internationaler Tag zur Beseitigung von Gewalt an Frauen Dr. Pierrette Herzberger-Fofana, Gilberte Raymond Driesen, Awet Tesfaiesus, Djenabou Diallo Hartmann

Datum

Gewalt gegen Frauen ist die weltweit am stärksten verbreitete Menschenrechtsverletzung. Jede dritte Frau wird mindestens einmal in ihrem Leben Opfer von physischer und/oder sexualisierter Gewalt. Diese findet in allen Bereichen der Gesellschaft, unabhängig von finanziellen Möglichkeiten, ethnischer Herkunft oder Religion statt.

2021 haben 97 % aller Mädchen und Frauen zwischen 18 und 24 angegeben, im öffentlichen Raum sexuell belästigt worden zu sein. Aber auch die eigene Wohnung ist hierbei leider kein sicherer Rückzugsort. Jeden dritten Tag wird in Deutschland eine Frau von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet.

Um auf diesen Fakt aufmerksam zu machen, haben die Vereinten Nationen im Jahr 1999 den 25. November zum „Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen“ erklärt.

Ursprünge des 25. November

Als die Familie Mirabal 1949 auf ein Fest der politischen Elite eingeladen war, fiel dem damals 49-jährigen General, die 12-jährige Minerva Mirabal auf. Sie gefiel ihm so gut, dass er die Familie auf eine weitere Feier einlud und dort Minerva sexuelle Avancen machte. Als Reaktion verpasste Minerva dem General eine Ohrfeige. Auf Grund dieser Ablehnung wurde Minerva, als sie Jahre später als erste Frau mit summa cum laude das Jurastudium an der Universität von Santo Domingo abschloss, das Recht als Anwältin tätig zu sein aberkannt.

Zusammen mit ihren Schwestern Patria und Maria Teresa, war Minerva in der Dominikanischen Republik am Widerstand gegen den damaligen Diktator General Rafael Trujillo aktiv. Nach dem gescheiterten Aufstand wurden einige Mitglieder ihrer Familie eingesperrt, mussten aber auf internationalen Druck wieder freigelassen werden. Als die Schwestern ihre, noch inhaftierten, Männer besucht hatten, wurden sie auf dem Heimweg aus dem Gefängnis, auf Geheiß von Trujillo überfallen und totgeschlagen. Der Geheimdienst versuchte den Tod der Schwestern als Autounfall zu tarnen, was jedoch scheiterte.

Der Tag ihres Todes, der 25. November 1960, wurde schon 1981 auf einem Treffen lateinamerikanischer und karibischer Feministinnen zum Gedenktag an die Opfer von Gewalt an Frauen erklärt. Diesem Vorbild folgten die Vereinten Nationen 18 Jahre später, als sie den 25. November zum Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen erklärten.

Gewalt gegen Frauen – ein weltweites Problem

Jedes Jahr werden tausende Mädchen aus Afrika nach Europa oder in den Nahen Osten verschleppt. Dort werden sie als Sklavinnen ausgebeutet oder missbraucht. In diesen Ländern werden sie von den Männern der Familien, für die sie arbeiten, vergewaltigt. Die Berichte der jungen Mädchen, die Opfer sexueller Sklaverei sind, sind so abscheulich, dass sie das Blut in den Adern gefrieren lassen.

Sextourismus, häusliche und eheliche Gewalt, Kinderpornografie, sexueller Missbrauch von Minderjährigen, Vergewaltigung, Ehrenmord oder Femizid, Zwangsheiraten, bevorzugte Geschlechterselektion oder Verbrechen an weiblichen Föten sind nur einige der Formen der Gewalt gegen Frauen, die in vielen Ländern vorkommen. Manchmal wird sie auch als eine Waffe in Konfliktregionen eingesetzt.

Bei unseren Reisen in die Länder Afrikas, der Karibik und des Pazifikraumes teilten uns die Organisationen der Zivilgesellschaft ihre Sorgen mit und berichteten über die Geißel der Gewalt gegen Mädchen und Frauen.

Zwangsheiraten und frühe Schwangerschaften verhindern, dass Mädchen eine ordentliche Schulbildung erhalten und somit ihre Qualifikation für gut bezahlte Arbeitsplätze. Die Länder, in denen diese Praktiken Anwendung finden berauben nicht nur die Mädchen und Frauen ihrer Zukunft und einer guten Karriere, sondern sich selbst auch um die Hälfte der potentiellen Arbeitskräfte. Obwohl Frühehen durch die Afrikanische Charta der Menschenrechte und der Rechte der Völker verboten sind, werden jedes Jahr zahlreiche Mädchen unter 15 Jahren aus der Schule genommen und zur Heirat gezwungen. Oft an über 50-jährige Männer.

Dr. Pierrette Herzberger-Fofana mit einem Schild mit dem Text "Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen" bei einer Veranstaltung zum Internationalen Tag gegen Gewalt gegen Frauen.

In Europa sind Kinderpornografie, sexueller Missbrauch von Minderjährigen, Frauenhandel und häusliche Gewalt die häufigsten Formen. Die Entführung und der Handel mit Frauen, die vor allem aus den Ländern des Globalen Südens und Osteuropas kommen, um die sexuellen Triebe von Verbrechern zu befriedigen, sind die neuen Geißeln, mit denen Europa konfrontiert ist. Der Frauenhandel versorgt die Sexindustrie, die einen beispiellosen Boom erlebt, jedes Jahr mit neuen jungen Frauen. Das Trugbild eines Westeuropas, in dem Milch und Honig fließen, ist so verlockend, dass viele ihm zum Opfer fallen.

Obwohl 125 Länder häusliche Gewalt verurteilen, obwohl die schweren Auswirkungen auf die Psyche der Opfer bekannt sind und die gesundheitlichen Gefahren offensichtlich sind, leben mehr als 500 Millionen Frauen weltweit in Ländern, in denen Gewalt in der Ehe oder durch den Partner nicht bestraft wird.

Die Istanbul-Konvention

Seit ihrer Verabschiedung im Mai 2011 haben 34 der 46 Mitgliedsstaaten des Europarates die Istanbul-Konvention ratifiziert. Deutschland hat sich durch seine Unterschrift 2018 zum Schutz von Opfern, der Prävention von Straftaten, Reformierung der Strafverfolgung und integrierten Politikansätzen verpflichtet. Die Konvention ist der erste internationale Vertrag, der ein rechtlich verbindliches Arsenal an Schutzmaßnahmen zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Mädchen und Frauen festlegt. Die Europäische Union hat das Übereinkommen am 1. Juni 2023 für alle Mitgliedsstaaten ratifiziert.

Die Richtlinie

Dr. Pierrette Herzberger-Fofana mit einem Schild mit der Aufschrift "Only Yes means Yes Everywhere in the EU"

Einige EU-Mitgliedsstaaten zögern jedoch, Gesetze zu erlassen und zum Beispiel den Begriff der Einwilligung einzuführen.

Ja heißt Ja und Nein heißt Nein!

Das sollte nicht zu schwer zu verstehen sein. Die Richtlinie betrachtet Cybermobbing und die Aufstachelung zu Gewalt oder Hass künftig in der gesamten Europäischen Union als Straftat. Das ist ein Novum.

Wir müssen daher einen erbitterten Kampf führen, damit die Vergewaltigung in die Richtlinie aufgenommen wird. Denn Vergewaltigung – nicht einvernehmlicher Geschlechtsverkehr – verletzt die Würde der Frau. Sie muss als abscheuliches und strafbares Vergehen in die Richtlinie aufgenommen werden, wenn Europa der Kontinent werden soll, der die geschlechtsspezifische Gewalt ausgerottet hat.

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