Die EU-Wahlbeobachtungsmission bei den Präsidentschaftswahlen in Liberia überwachte die Einhaltung der demokratischen Grundsätze

Datum

In der zweiten Runde der Präsidentschaftswahlen in Liberia konnte sich der Herausforderer, Joseph Boakai von der UP (Unity Party), gegen den Amtsinhaber George Weah vom CDC (Congress for Democratic Change) durchsetzen. Die Wahlbeobachtungsmission der EU konnte die Einhaltung der demokratischen Grundsätze und der geltenden Gesetze Liberias überwachen.

Das amtliche Endergebnis sah Joseph Boakai mit 50,64 % der Stimmen knapp vor George Weah mit 49,36 %. Damit kommt es in dem westafrikanischen Land zu einem Machtwechsel.

In der Rede an seine Anhängerschaft forderte der noch amtierende Präsident George Weah sie dazu auf, den Ausgang der Wahl zu akzeptieren:

„Ich stehe heute Abend mit schweren Herzen vor Ihnen. Aber mit größtem Respekt für den demokratischen Prozess, der unsere Nation definiert hat […]. Das liberianische Volk hat das Wort ergriffen und seine Wahl wird geehrt und respektiert werden […]. Der CDC hat die Wahl verloren, aber Liberia hat gewonnen. Der wahre Gewinner dieser Wahlen ist das liberianische Volk. Es ist an der Zeit, sich in der Niederlage demütig zu zeigen.“

Mit diesen Worten gab der liberianische Präsident George Weah die Ergebnisse der Wahlen für das Amt des Präsidenten und der Vizepräsidentin bekannt. Am Anfang des kommenden Jahres wird mit Joseph Boakai als neuen Präsidenten und Jewel Taylor als seiner Stellvertreterin die Unity Party wieder die Macht in Liberia übernehmen.

Der Verlauf des Wahlkampfs in Liberia

Am 14. November 2023 fand die zweite Runde der Präsidentschaftswahlen in Liberia statt 2,4 Millionen Wähler*innen waren zu den Urnen gerufen, um ihr Staatsoberhaupt für die nächsten sechs Jahre zu wählen. Nach dem ersten Wahlgang im Oktober waren, mit George Weah und Joseph Boakai nur noch zwei Kandidaten im Rennen. Die Stichwahl war nötig geworden, nachdem im ersten Wahlgang keiner der Kandidaten die absolute Mehrheit erreicht hatte. Die Wochen bis zur Stichwahl waren geprägt vom Wettkampf um die Unterstützung der 18 Kandidaten, die im ersten Wahlgang ausgeschieden waren.

EU-Wahlbeobachtungsmission in Liberia

Die Wahlbeobachtungsmission der Europäischen Union EOM-EU war von den liberianischen Behörden eingeladen worden, um den Ablauf der Wahlen zu überwachen. Aus den 27 Mitgliedsstaaten, sowie Kanada und Norwegen, kamen insgesamt 85 Wahlbeobachter*innen ins Land, um die Einhaltung der demokratischen Grundsätze der Wahlen zu kontrollieren. Die Beobachter*innen besuchten 326 Wahllokale in ländlichen und städtischen Gebieten in den 15 Regionen und 63 der 73 Distrikte. Eine Delegation von sieben Mitgliedern des Europäischen Parlaments, zu der auch wir gehörten, schloss sich der Mission an.

Viele Liberianer*innen blieben der Wahl fern und ignorierten den zweiten Wahlgang. Die Beteiligung lag bei 58,86 % und damit deutlich unter der des ersten Wahlgangs. Beobachter*innen zufolge verlief der Wahlkampf, abgesehen von einigen Scharmützeln, weitgehend friedlich.

Jarek Domanski, Leiter der EU-Wahlbeobachtungsmission, betonte:

„Die Verfahrensunregelmäßigkeiten wurden im zweiten Wahlgang durch ein von der Wahlkommission organisiertes Programm zur Wiedereinstellung von Wahlhelfern verringert.“

Während unseres Besuchs bei der Opposition berichtete und Herr Boakai jedoch von Unregelmäßigkeiten, Zusammenstößen und sogar Schüssen auf einen Konvoi seiner Anhänger*innen. Er zeigte uns Videos, auf denen die Angriffe und offensichtlich verletzte Personen zu sehen waren.

Die Medien vor Ort respektierten in ihrer Berichterstattung die Pressefreiheit. In den sozialen Netzwerken waren jedoch Desinformation, Hetze, Gewalt und Hassrede an der Tagesordnung.

Die Kandidaten

Der Wahlkampf für die zweite Runde konzentrierte sich vor allem auf die Persönlichkeit der Kandidaten und kaum auf politische Themen.

„Mister George“, wie der amtierende Präsident liebevoll genannt wird, genießt vor allem bei der Jugend große Beliebtheit. Der ehemalige, internationale Fußballprofi und einziger afrikanischer Gewinner des Ballon d’Or kam als Neuling in die Politik. Er regierte das Land während der COVID-19 Pandemie, was seinen Handlungsspielraum stark einschränkte. Er hatte sein Programm auf die Förderung von Bildung, Elektrifizierung der Haushalte, den Bau von Straßen und Krankenhäusern ausgerichtet. Er hatte versprochen sich in seiner zweiten Amtszeit auf die Bekämpfung der Armut zu konzentrieren. Den Vorwurf seiner Landsleute, seine Versprechen nicht eingehalten zu haben und sich von der Realität des Volkes abgekoppelt zu haben, wurde er nicht los.

Der Gegenkandidat, Joseph Boakai, hatte schon zahlreiche Ämter im privaten und im öffentlichen Sektor inne. Von 2006 bis 2018 diente er als Vizepräsident unter der Friedensnobelpreisträgerin Ellen Johnson-Sirleaf, der ersten weiblichen Staatschefin Afrikas. Durch den Sieg in der Stichwahl wurde Joseph Boakai der dritte demokratisch gewählte Präsident, der mindestens 50 % der Stimmen bekommen hat. Sein Alter von 79 Jahren wurde jedoch oft als Hindernis angesehen – was lächerlich ist. Er ist zwei Jahre jünger, als der amtierende Präsident der Vereinigten Staaten und hat denselben Spitznamen wie Joe Biden: „Sleepy Joe“.

Er ist eine respekteinflößende Persönlichkeit und verfügt über solide Erfahrung in der Politik. Das Wichtigste ist, dass das Volk ihm zutraut das Land zu führen. Der zukünftige Präsident hat versprochen, die Korruption zu bekämpfen, das Leben der Ärmsten zu verbessern, Straßen und Infrastruktur zu bauen, die Landwirtschaft zu fördern, Investitionen anzuziehen und die Preise für Grundnahrungsmittel wie Reis zu senken.

Schlussfolgerung der Wahlbeobachtungsmission

Mehr als ein Fünftel der liberianischen Bevölkerung lebt, nach Angaben der Weltbank, von weniger als 2,15 US-Dollar am Tag. Die Herausforderungen, denen sich der neu gewählte Präsident stellen muss, sind hoch. Wenn Präsident Joseph Boakai im Januar vereidigt wird, steht er vor großen Herausforderungen, er kann aber auf die Unterstützung seiner Landsleute zählen.

Dr. Pierrette Herzberger-Fofana, Abgeordnete des Europäischen Parlaments, war Mitglied der Wahlbeobachtungsmission in Monrovia, Liberia.

Le Parlement Européen, observateur de l’UE, des élections au Liberia.

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